Reisebericht Route des Grandes Alpes

14. bis 23. August 2020

730 Kilometer, 17'000 Höhenmeter

 

 Für jede Etappe einfach immer weiter nach unten scrollen.

Die Bilder können einzeln angeklickt werden, dann werden sie gross und es erscheint der Untertitel/Kommentar dazu.

Text: Marlies Heimberg    Bilder: Werner Hilfiker, Markus Heimberg, Simon Dräyer  Kommentar zu Bildern: Markus Heimberg


Freitag. 14. August 2020    1. Etappe    Martigny – Crest Voland

 

Gesamtlänge:  103km  2'569 Höhenmeter             Fahrzeit:  5 h 00 min – 5 h 50 min

 

Die Gruppe vor dem Start in gespannter Erwartung

 

Am Freitagmorgen früh starteten wir zu unserem grossen Kundenevent «Route des Grandes Alpes» mit unserem Caddy in Oberwil und fuhren nach Martigny.

Hier trafen wir die drei Prologfahrer, die anderen Teilnehmer, Gianni und Chris von der Firma Bianchi Suisse. Die erste Nervosität legte sich beim offerierten Café und Gipfeli.

Um 09.30 starteten wir in Begleitung von Gianni und Chris zur Fahrt auf den Col de la Forclaz.

Warme Temperatur und Sonnenschein, jeder suchte seinen Rhythmus, lächelte Werner in die Kamera und freute sich über den schönen Blick auf Martigny hinunter.

 

Erster Halt auf dem Col de la Forclaz. Nach der Abfahrt der kurze Aufstieg zum Col des Montets, wieder bergab und schon näherten wir uns Chamonix. Hier kamen wir nicht drumherum einen Fotostopp zu machen, der Gipfel des imposanten Mont Blanc lag leicht im Nebel.

Auf einem schmalen Bergsträsschen, zum Teil in einem Wäldchen, fuhren wir weiter und wurden belohnt von einer wunderschönen kurvenreichen Abfahrt.

Hinauf nach Megève (Wintersportort) hatte es viel Verkehr, uns störte dies wenig und zügig erreichten wir die Abzweigung nach Crest Voland hinauf.

Unsere Begleitfahrzeuge vor dem Hotel

 

 

 

 

Der Einstieg in die Tour war gelungen, alle Teilnehmer zufrieden und im Hotel "Caprice des Neiges" liessen wir uns kulinarisch verwöhnen.


Samstag 15. August 2020    2. Etappe    Crest Voland – Chalet des Anges

 

Gesamtlänge:  84 km  2'350 Höhenmeter             Fahrzeit:  4 h 00 min – 4 h 45 min

Nach einem ausgewogenen, vielseitigen Frühstück packten wir unsere Sachen zusammen, holten unsere Fahrräder aus dem Velokeller, kurze Reinigung und Kontrolle, Helm aufsetzen, noch rasch ein Erinnerungsfoto vom Panorama machen und losfahren, den Weiden entlang zum Col des Saisies.

Auf der Passhöhe knipsten wir nur kurz ein Foto vom Pass-Schild, mehr gab der Ort nicht her.

Darum gleich weiter in die Abfahrt!

 

Dann begann der lange Aufstieg Richtung Cormet de Roselend, unserem höchsten Etappen Punkt.

Der erste Abschnitt verlief mehrheitlich im Wald, immer 7 – 8 % Steigung. Der nächste Abschnitt führte uns durch eine Schlucht und schliesslich zog die Strasse kurvenreich, und mit guter Aussicht auf das hinter uns liegende Tal, den Steilhang hinauf.

Den Zwischenpass, den Col de Méraillet, übersahen wir fast!, nicht aber das grossartige Panorama auf den Stausee, Barrage de Roselend, und die umliegenden Berge.

Der Cormet de Roselend ist nicht so ein bekannter Alpenpass, die Landschaft, der Weitblick oberhalb der Waldgrenze, die Zickzacksteigung vom See zur Passhöhe, haben uns aber extrem gut gefallen.

Der Roselend wird in punkto Schönheit, aber auch bezüglich Anforderungen an die Fahrer, von vielen gewaltig unterschätzt.

 

Nach dem Start alle noch fröhlich und munter
Nach dem Start alle noch fröhlich und munter


Die zirka 20 km lange Abfahrt und 1’000 Höhenmeter hinunter bestand für alle aus einem langen Geniessen. Es kann sein, dass die Rennräder von Hansjörg und Lukas bei der hohen Geschwindigkeit einen Schlag erwischten. Jedenfalls stand Hansjörg, bereits in der Nähe von Bourg-St-Maurice, am Strassenrand und behob seinen Platten am Velo. Wir schauten ihm zu, waren froh, dass es nicht uns traf mit dem Defekt und wollten wieder weiterfahren. «Oha, was ist das?, mir fehlt eine Speiche am Hinterrad», meldete sich Lukas plötzlich.

Da wir ja sowieso bald im Städtchen waren, wo das Serviceauto wartete, wagte Lukas die Weiterfahrt. Das war keine gute Idee, das verzogene Hinterrad streifte am Rahmen, Resulat Platter und zu Fuss bis zum Auto.

 

Nun begann ein langes Warten, denn das Ersatz-Hinterrad mit Scheibenbremse war im Auto der ersten Gruppe. In unserem Begleitfahrzeug waren die Ersatzräder für Felgenbremse, Pech. Unsere Begleitfahrzeuge waren ersatzteilmässig sehr gut ausgerüstet, doch gewisse Sachen mussten wir aufteilen.

Was nun? Lukas fuhr in unserem Begleitauto mit Werner die letzten paar Kilometer bis zum Chalet des Anges, unserem Etappenziel.

 

Das Chalet des Anges liegt an der Steigung ca. 10km vor Val d’Isère. Es ist eine private Unterkunft und die Besitzerin kochte für uns ein Menu savoyard. Der gemischte Salat vorab mundete uns sehr, das Hauptgericht, ein Pastagratin und eine Art Bierwurst, sättigte zwar, doch ich fand es nichts Besonderes.

 

Nun, die meisten von uns schliefen gut, nur Werner und Toni klagten am Morgen über Kopfweh, denn ihnen fehlte wohl die Frischluft während der Nacht, weil ihr Zimmer kein Fenster hatte!

 

Nach einem mittelmässigen Frühstück, wir mussten mehrmals Brot und Milch nachbestellen, starteten wir zur 3. Etappe. Es war ausser Menton die teuerste Unterkunft auf unserer Reise, aber eigentlich nicht unbedingt weiter zu empfehlen.

 


Sonntag 16. August 2020    3. Etappe   Chalet des Anges - Val d'Isère- Col d'Iseran - Lacets de Montvernier - St. Jean de Maurienne

Gesamtlänge:  129 km  1'860 Höhenmeter             Fahrzeit:  5 h 00 min – 5 h 45 min


Lukas und ich starten ca. 10 min früher zur Tour, denn wir wollten uns von den stärkeren Fahrern nicht hetzen lassen. Auf den 10 km bis Val d’Isère mussten wir viele Baustellen und Tunnels passieren, dazu starker Verkehr, eher ein notwendiges Übel als ein schönes Erlebnis, fast hätten wir den schönen Blick nach Tignes und den Stausee übersehen!

Gut hatten alle Rücklichter dabei. Bei solchen Passagen ein absolutes Muss!

Der Wintersportort Val d’Isère lag im Sommerschlaf. Also gleich ran an die Steigung zum berühmten Col de l’Isèran, dem höchsten Punkt der Route des Grandes Alpes, nur noch 930 Höhenmeter!

 

Die Steigung war moderat, der Ausblick in dieser Hochgebirgslandschaft imposant.

Auf der Passhöhe des Col de l’Iseran, auf 2'764 m, spürten wir den kühlen Wind und es war selbstverständlich, eine Windjacke, Helmmütze und z. T. Handschuhe anzuziehen.

Das Wichtigste waren natürlich die Fotos mit dem Passstein. Nun galt noch, sich zu verpflegen und einen Treffpunkt im Tal unten abzumachen.

 

Für die meisten von uns war der anstrengendste Teil der Etappe erreicht, kilometermässig (26,3 km) waren wir jedoch noch nirgends! Eine endlos lange Abfahrt bis Saint–Michel-de-Maurienne, ca. 70 km und 2'000 Höhenmeter, stand uns bevor.

Das ist das Geniale an den Pässefahrten, hast du den Aufstieg geschafft, wirst du mit einer coolen Abfahrt belohnt.

 

In Bonneval sur Arc zogen wir unsere wärmenden Kleider wieder ab und jede Gruppe rollte nun für sich weiter talabwärts. Bei leichtem Gegenwind fuhren wir Rad an Rad und lösten einander regelmässig ab, aber ich als einzige Frau verzichtete darauf lange zu führen und sparte so meine Kräfte!! Wir harmonierten sehr gut in der Gruppe und die Kilometer verflogen im Nu. Zwischendurch hielten wir still zur bereits obligaten Stärkungsspause. Im Restaurant gab es keine Sandwichs, wir durften uns aber welche in der Metzgerei nebenan holen und im Gartenrestaurant essen, selbstverständlich hielten wir uns an die Corona-Vorschriften und setzten konsequent die Schutzmaske auf, wenn wir ein Geschäft oder ein Restaurant, bzw. Terrasse betraten.

In St-Michelle-de-Maurienne zweigten wir nicht gleich zum nächsten Alpenpass, dem Col de Télégraphe ab, nein wir fuhren weiter durchs Städtchen St-Jean-de-Maurienne und bis Pontamafrey Montpascal, denn Markus wollte uns noch seinen Geheimtipp / Leckerbissen zeigen:

Les Lacets de Montvernier

Dieser atemberaubende Haarnadel-Aufstieg war 2015 zum ersten Mal Teil der Tour de France.

Les Lacets de Montvernier bedeutet übersetzt in etwa "die Schnürsenkel von Montvernier"

18 übereinander gestapelte Haarnadelkurven führen vom Tal über den insgesamt 3'400 m langen Anstieg.

17 dieser Kurven winden sich innerhalb einer Distanz von zweieinhalb Kilometern, was bedeutet, dass etwa alle 150 Meter ein Richtungswechsel von 180 Grad ansteht. Diese schmale und verkehrsarme Strasse scheint wie fürs Radfahren gemacht zu sein.

Dieser Aufstieg war ein absolutes Highlight! Das Dessert des Tages!


Montag 17. August 2020    4. Etappe    St. Jean de Maurienne - Col du Télégraphe - Col du Galibier - Briancon

Gesamtlänge:  85km  2'220 Höhenmeter             Fahrzeit:  4 h 00 min – 4 h 35 min

Heute war so etwas wie eine Königsetappe, der legendäre und mystische Col du Galibier. Die einen oder anderen von uns erklommen ihn nicht zum ersten Mal. Die Vorfreude, aber auch der Respekt, war gross!

 

 

Kurz nach St-Michel-de-Maurienne begann der 11 km lange und gleichmässige Anstieg zum Col du Télégraphe. Es ist ein eigenständiger Pass, führt meistens durch den Wald und ist nicht zu unterschätzen.

 

Marlies und Markus spurteten fürs Foto um die letzten Meter zur Passhöhe, als Hehe-Rufe von hinten ertönten. «Galt das uns?» Ja, Walter fand nach langem Suchen auf den letzten Metern doch noch einen Dorn zum Einfahren und schon wich die Luft aus seinem Hinterrad. Nun konnte er endlich mal absteigen und das Velo stossen bis zur Passhöhe!

Die Spitzengruppe war bereits weitergefahren, denn der leichte Nebel liess unsere Blicke öfters nach oben gleiten und alle dachten,nur kein Regen!

 

Inzwischen hatte Walter bei seinem Rad den Schlauch gewechselt, wir die Erinnerungsfotos geknipst und so starteten wir zur kurzen Abfahrt nach Valloire. Die Wolken hatten sich auch verzogen und die Sonne strahlte!

Im bekannten Tourismusort Valloire machten wir kurz einen Kaffeehalt.

Nun waren wir gespannt auf den 23 km langen und zum Teil steilen Aufstieg.

 

Dieser Galibier war schon viele Male ein Teil einer Tour de France Etappe, ein Pass mit unendlich vielen Legenden, Geschichten, Siegen und Niederlagen!

 

Ullrich-"Hungerast" 1998 und Pantani-Denkmal

Damals wie heute gilt: Wer als erster auf dem Plateau oben eintrifft, ist ein Held. Legenden wie Eddy Merckx und Lucien Van Impe triumphierten auf dem Schicksalsberg und der verstorbene Marco Pantani erhielt sein eigenes Denkmal. Er flog den Galibier im legendären Regenrennen 1998 hinauf und legte bei der Etappe, die nach dem Galibier noch nach Les Deux Alpes führte, den Grundstein für seinen Gesamtsieg sechs Tage später. Jan Ullrichs "Hungerast", der ihm an diesem Tag neun Minuten Rückstand und den Verlust des Gelben Trikots einbrockte, ging in die Radsportgeschichte ein.

 

Zurück zu uns...

Ausgangs Valloire fielen uns sofort die vielen riesengrossen Heuskulpturen auf. Das sah witzig aus und ein Besuch wäre das Wert gewesen, doch in unseren Köpfen gab es ein anderes Ziel: Col du Galibier!

 

Jeder fuhr seinen eigenen Rhythmus, Kilometer um Kilometer kletterten wir die unregelmässigen Rampen bergauf, die vorbeifahrenden Autos und Motorräder nahmen wir kaum wahr, die umliegenden Viertausender hingegen schon.

Einen Kilometer vor der Passhöhe beim Scheiteltunnel, trennte sich der Weg der Radfahrer und der meisten Autos. Wir bogen links ab, noch eine steile Rampe, die letzte Spitzkehre und die Passhöhe des Col du Galibier war in Sicht. Glücklich und zufrieden mit unseren Leistungen gratulierten wir einander und standen sofort bereit fürs Passfoto.

Der Platz auf der Passhöhe ist knapp bemessen, er besteht nur aus einer Kurve um einen Felsvorsprung, dafür ist die Aussicht einmalig!

 

Wir fuhren hinunter auf den Col du Lautaret und waren froh um unsere Windjacken, es war windig und kühl. Gerne wären wir auf dem Lautaret eingekehrt, doch wir durften unsere Räder nicht zum Restaurant nehmen und deshalb verzichteten wir darauf, dieses Restaurant zu besuchen, denn unsere Räder wollten wir nicht ausser Sichtweite einfach stehen lassen.

 

Also rollten wir talabwärts Richtung Briançon. Die Männer schlugen ein hohes Tempo an und ich musste schauen, dass ich schön am Hinterrad blieb.

 

Briançon liegt auf 1260 m und ist der grösste Ort entlang der Route.

Im Hotel «Mont Brison» blieben wir zwei Nächte, damit wir den geplanten Ruhetag einlegen konnten.

Auch dieses Hotel verfügte über kein Restaurant, doch die Auswahl an Verpflegungsmöglichkeiten war gross.

 

Die jungen Fahrer planten zuerst auch am Ruhetag eine Velotour, doch sie liessen es dann bewenden mit einem Spaziergang zur befestigten Altstadt hinauf, wie wir anderen auch.  Wir ahnten nicht, dass sie bereits andere Pläne im Hinterkopf hatten...

Stilstudien von der Abfahrt.


Mittwoch 19. August 2020    5. Etappe     Briancon - Col d'Izoard - Col de Vars - Jausiers  (Simon, Kari und Robin mit Zugabe Bonette)

Gesamtlänge:  92 km  2'310 Höhenmeter   (135 km  3'850 Hm)       

«Mal schauen, wie stark die Spitzengruppe fährt und ob ich heute mal mithalten kann hinauf zum Col d’Izoard?»

sagte sich Markus und startete in Briançon mit Simon, Kari und Robin.

Der Col d’Izoard ist mit 2360 Meter Höhe der dritthöchste Pass in den französischen Alpen, jedoch nicht so berühmt wie Galibier, Mont Ventoux oder Tourmalet, die regelmäßig von der Tour de France befahren werden.

Weniger berühmt, durchaus nicht weniger schön! Er gehört für uns Rennvelofahrer zu den eindrücklichsten Pässen der Alpen überhaupt. Denn er wird vom Verkehr weitgehend verschont, weil es eine schnellere Alternative durch das Tal der Durance gibt.

Wir starteten also wieder in zwei Gruppen. Hansueli fuhr mit dem Begleitfahrzeug VW Caddy bei der Spitzengruppe mit. Werner, mit Begleitfahrzeug VW Touran, blieb meistens in der Nähe von uns, der zweiten Gruppe. Er scheute keine Mühe, immer wieder anzuhalten und uns an den besonders eindrücklichen Passagen zu fotografieren. Merci Werner!

Die Kehren durch diese hochalpine, kahle Landschaft am Schluss beim historischen Restaurant Refuge Napolèon, bleiben unvergesslich.

 

Markus erwartete uns schon auf der Passhöhe, seine sehr gute Kondition liess ihn ohne Probleme mit der Spitze mithalten. Den Rest der Etappe wollte er jedoch mit uns fahren. Denn das Spitzentrio hatte Grosses vor. Nach dem Col de Vars zweigten sie ab zum Col de la Bonette (2715m.) und bezwangen anschliessend noch die 2802m hohe Cime de la Bonette. Zusätzliche 1'524 Höhenmeter und 43 km. Bravo Simon Robin, Kari!

Selbstverständlich knipsten wir wieder Erinnerungsbilder auf der Passhöhe.

 

Kaum in die Abfahrt gestiegen, präsentierte sich uns ein weiterer Höhepunkt der Route des Grandes Alpes, eine wüstenartige Verwitterungslandschaft, genannt Casse Déserte. Es sieht aus wie eine Mondlandschaft, aus der auch noch an jeder Ecke faszinierende Felsnadeln spriessen.

Bei den Gedenktafeln für die Tour de France Gewinner Fausto Coppi und Louison Bobet, zwei Legenden des Radsports, hielten wir kurz inne. Unsere Abfahrt wurde noch durch eine kleine Gegensteigung verlangsamt, dann genossen wir die vielen Kehren hinunter nach Guillestre.

Eigentlich wäre jetzt eine Verpflegungspause fällig gewesen, doch hätten wir unnötige km bergab und vielleicht mühsame km bergauf machen müssen. So doch dann nicht!!, bestimmte die Mehrheit, denn wir sahen zum nächsten Dorf hinauf!

Kurve um Kurve gewannen wir an Höhe, neben und vor uns grüne Wiesen. Innert kürzester Zeit legten wir 600 Höhenmeter zurück, ständig Ausschau haltend nach einem Beizli! Da, vor uns das Ortsschild Vars, Pech gehabt, kein Restaurant hatte geöffnet. Auf dem nächsten Parkplatz wartete Werner und verpflegte uns mit einem kühlen Getränk aus dem Auto.

Weiter ging's, jetzt doch noch eine «bewohnte» Siedlung und ein Skiort. Wir hatten jedoch kein Bedürfnis mehr nach Einkehren und fuhren weiter bergauf. Kurz vor der Passhöhe kamen wir auf eine Hochebene mit einem lieblichen See und wieder einem Refuge Napoléon.

Die Passhöhe besteht aus einem kleinen Beizli und einem sehr unscheinbaren Passschild.

Erinnerungsfoto und gleich los in die Abfahrt. Jausiers, unser Übernachtungsort, lag nur noch 20 km entfernt und natürlich 900 Höhenmeter tiefer.

Marlies, die Schreibende, freute sich mächtig auf den wohlverdienten Coup! So ein Dessert hatte sie sich doch schon vor ein paar Tagen gewünscht.

Im Hotel «sans souci», klein aber fein, wurden wir herzlich empfangen und aufs Beste verpflegt!


Donnerstag 20. August 2020    6. Etappe  Jausiers-Col de la Cayolle-Col de Valberg - Beuil

Gesamtlänge:  90 km  2'056 Höhenmeter      

Nach einem ausgiebigen Frühstück packten wir unsere Taschen und machten uns startbereit für die bevorstehende Etappe. Dieses kleine Hotel «sans souci» kann ich jedermann weiterempfehlen. Es war die günstigste Unterkunft während unserer Tour und eine der besseren. Halbpension mit mehrgängigem Nachtessen und ein vielseitiges Frühstück.

Die ersten 9 km bis Barcelonnette fuhren wir leicht bergab, ideales Aufwärmen und Einrollen.

30 km und 1'200 Höhenmeter standen uns bevor bis zur Passhöhe des Col de la Cayolle.

Zwischen Uvernet-Fours und Saint-Laurent fuhren wir etwa 5 km durch die Gorges du Bachelard, eine enge Schlucht, traumhaft schön! Rechts oben in den Felsen konnte man zeitweise die Strasse des Col d'Allos erspähen.

Uns beeindruckte die Ruhe, die Weite, die Einsamkeit und die wilde Romantik, vielleicht gerade deswegen, weil die Strasse z. T. sehr schmal war und es demzufolge wenig Verkehr hatte.

In dieser Ruhe hörten wir immer wieder beim Bergauffahren Murmeltiere pfeifen.

 

Ich habe bereits recht viele Pässe mit dem Rennvelo befahren und der Cayolle gehört für mich eindeutig zu den schöneren!

Bei strahlend blauem Himmel genossen wir auf der Passhöhe den Blick auf diese karge Hochgebirgslandschaft.

Wir hatten wie bereits die letzten Tage Glück mit dem Wetter, immer trocken, warm und heute richtig heiss! 

Eine lange Abfahrt lag vor uns, 32 km und ca. 1500 Höhenmeter hinunter nach Guillaumes, sensationelle Kurven und Ausblicke!

Eine Abfahrt braucht gute Kondition und Konzentration. Zügig und rassig unterwegs zu sein macht einen Riesenspass und ich bin stolz, jeweils nicht viel Zeit auf die Männer verloren zu haben. Erholen kann man sich dabei nicht wirklich, eine schnelle Abfahrt braucht Energie. Deshalb wollten wir unsere Batterien nochmals aufladen, wer weiss, was uns am Col de Valberg erwartet!

Im ersten Restaurant im Tal hielten wir still und bestellten zwei währschafte Fleischteller, die wir dann brüderlich teilten. Durstig waren wir auch, das sieht man an den vielen Cola Büchsen auf dem Foto.

Die Abfahrt war noch nicht ganz zu Ende und führte weiter bis Guillaume, ideal um das chüschtige Fleisch zu verdauen.

Ab dort zieht sich die gut ausgebaute Strasse in vielen Kurven und einer Felswand entlang recht steil hinauf. Die Sonne brannte uns ins Gesicht, wir wähnten uns fast wie in einem Backofen. Hansjörg behauptete, es wären 42 Grad heiss gewesen, sein Garmin hat das so angezeigt.

 

Der Col de Valberg gehört zu den niedrigeren Alpenpässen der Route des Grandes Alpes mit seinen 1673 Höhenmetern, aber dafür über 800 Hm kontinuierlich und immer zwischen 10-11% ansteigend. An diesem Aufstieg wurden alle ziemlich gefordert.

Endlich oben angekommen, zeigte sich der Pass / Ort mit einem wunderschönen Panorama.

Der Ort Valberg oben auf der Passhöhe ist ein typischer Sommer- und Wintertouristenort.

Die kurze Abfahrt nach Beuil, unserem Etappenziel, dauerte nur etwa 6 km und 230 Höhenmeter, gerade recht zum ein bisschen Abkühlen.


Freitag 21. August 2020    7. Etappe    Beuil - Col de Couillole -

Col St.Martin/La Colmiane - Col de Turini - Col du Castillon - Menton

Gesamtlänge:  125,5 km    2'562 Höhenmeter

Unsere letzte Etappe! Eine Herausforderung zum Schluss!

 

Im Hotel l’Escapade fühlten wir uns sehr wohl. Wir assen à la carte, die Auswahl war gross und jeder bestellte nach seinem Geschmack und alles war fein!

Wenn das Essen und die Unterkunft stimmen, dann sind auch die Stimmung und die kurzfristige Erholung gut. Speziell fand ich den Frühstückstisch, in der Mitte längsseitig lagen Baguette an Baguette. Wir wurden mit viel Auswahl verwöhnt.

Die Wirtin war sehr freundlich und aufmerksam, kein Wunder wollten die Männer ein Gruppenfoto mit ihr mittendrin als Andenken!

Der Aufstieg zum Col de la Couillole war kurz, 7 km und 290 Hm, eine gut ausgebaute Passstrasse.

Nun folgte der Genuss, die lange kurvenreiche Abfahrt wieder auf schmalen Strässchen nach St. Sauveur sur Tinée mit grandiosen Ausblicken, z. B. auf die Dörfer Roubion und Roure, die förmlich an den Felsen kleben.

 

Kurz nach St-Sauveur-sur Tinée begann der kurvenreiche Aufstieg zum Col St. Martin, genannt auch Col de la Colmiane. Der Name Colmiane bedeutet übersetzt so viel wie „der mittlere Berg“.

Kurz vor der scharfen Linkskurve (Abzweigung), die in das andere Tal führte, sahen wir die ersten Plakate der diesjährigen Tour de France, das musste sofort fotografisch festgehalten werden.

Ungefähr 20 km und 1'000 Höhenmeter legten wir zurück, landschaftlich grün in grün, bis zur Passhöhe und dem gleichnamigen Ort Colmiane.

Wir hielten nicht lange still, erstens kannten wir diese Art Touristenorte bereits und zweitens stand uns nach der Abfahrt noch der Col de Turini bevor. Über diesen Pass wurde uns schon einiges erzählt und wir wussten nicht, ob er wirklich so unbarmherzig war und der härtesten Anstieg der Route.

 

Also, los in die Abfahrt! Diese war sehr angenehm und wie alle in dieser Gegend wunderschön, hin und wieder gab es Abschnitte, bei denen einen nur eine kleine gemauerte Brüstung vor einem Sturz in die Tiefe schützte.

Im Städtchen Saint-Martin-Vésubie hielten wir kurz an und stärkten uns für den happigen Aufstieg (12 km und 950 Hm) zum Col de Turini.

Hier waren zum ersten Mal keine Schilder mit Höhen- und Steigungsangaben, doch bei der regelmässigen Steigung von 8 – 10 % konnten wir die Höhenzunahme auch selber errechnen.

Man hätte bereits bei La Bollène links nach Nizza abbiegen können, doch das war ja nicht unser Ziel!

Der Col de Turini ist wahrscheinlich der bekannteste Pass der südlichen Alpen. Beim Aufstieg erlebten wir noch einmal alles: Waldpassagen, einer Schlucht entlang, eng aufgereihten Serpentinen…

 

Die Spitzengruppe mit Simon, Robin und Kari, wollte eigentlich den letzten Teil mit uns fahren und uns auf dem Col de Turini warten. Leider wurden sie im Restaurant auf der Passhöhe nicht bedient, das Warten auf uns hätte zu lange gedauert und so fuhren sie voraus über den Col de Castillon nach Menton.

Zum letzten Mal auf unserer Tour fuhren wir Haarnadelkurven hinunter, eine schöner als die andere. Markus sprach am Abend begeistert von "Turini-Rock'n Roll".

 

Im Städtchen Sospel kehrten wir kurz ein und jetzt nur noch wenige km und rund 350 Hm zum Col de Castillon. Doch das kam anders, wir verfehlten eine Abzweigung und wunderten uns schon bald einmal über die Schilder "Radfahrer verboten". Allerdings dachten wir uns, dass es für den Scheiteltunnel gelten würde, und uns nicht betreffen könne, weil wir ja dann über den Pass fahren möchten. Allerdings kam dann tatsächlich der Tunnel, aber keine Möglichkeit mehr über den Pass auszuweichen. Im Stile eines Mannschaftzeitfahrens preschten wir gnadenlos mit 35 bis 40 km/h durch den verbotenen fast 2 km langen Tunnel. Am Ausgang trafen wir dann wieder auf die "normale" Passstrasse. Markus wollte noch auf dieser Strasse zurück auf die Passhöhe, Aber in einer demokratischen Abstimmung wurde sein Vorschlag mit 5:1 gebodigt. Heute würde auch ich umkehren und den Castillon noch bezwingen!

Bis nach Menton, zum Hotel Riva, waren es dann nur noch etwa 10 km.

Unsere Chauffeure und die Spitzengruppe empfingen uns herzlich, sofort stellten wir uns auf für die Fotos am Meer!


und nun.... Menthon



Rückblick Markus

 

Unsere ganze Radtour, die Route des Grandes Alpes, stand unter einem guten Stern. Dafür bin ich sehr dankbar. Wir hatten super Wetter, eine tolle Stimmung und Kameradschaft in der Gruppe, fast keine Defekte und keine Unfälle. Das tolle Funktionieren von "jung und alt" miteinander war etwas wunderschönes.

An dieser Stelle noch einmal ganz herzliche Gratulation für die absolvierten Leistungen. Rund 700 km,

17 Pässe, über 17'000 Höhenmeter. Alle haben diese Anforderungen super bewältigt!

Marlies und ich sind uns sicher, wenn wir gesund bleiben, werden wir zwei nicht das letzte Mal auf den Strassen vor allem im südlichen Teil der Route, mit dem Rad unterwegs gewesen sein.

Etwas vom schönsten war die Einschätzung eines Teilnehmers die ich auf Umwegen erfahren habe. "Ich würde gleich noch einmal gehen" hat er seinen Bekannten erzählt. Und ich bin mir sicher, dass es auch so gemeint war.

Toll dass alle mit ihrer kameradschaftlichen und sportlichen Art mitgeholfen haben, dass uns diese Tage in so schöner Erinnerung bleiben.

Ein besonderer Dank an unsere Chauffeure Werner und Hansueli! Solche zwei Top-Begleiter muss man erst einmal finden.

Auch ein ganz spezieller Dank an Marlies! Ohne sie und ihre Mithilfe wären diese Tage nicht in dieser Art möglich gewesen. Jeden Abend hat sie das Nötige mit den Hotels erledigt und noch das eine und andere organisiert und gemanagt. Und zudem ist sie den Männern in der zweiten Gruppe radfahrerisch nicht nachgestanden und hat auch diesbezüglich unsere Achtung verdient.

Das schöne Erlebnis motiviert uns für nächstes Jahr wieder irgend etwas in dieser Art auszudenken. Solange wir gesund und zwäg bleiben haben wir auch immer wieder Ideen.

Auf viele schöne Radkilometer im nächsten Jahr!